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Körpergeruch und Geruchssinn in der europäischen Geschichte -
Vom Mittelalter bis zur Industrialisierung

Mit dem Christentum entwickelte sich eine immer stärkere religiöse Bedeutung von Gerüchen: Das wichtigste Unterscheidungsmerkmal zwischen Menschen war nun nicht mehr der soziale Stand, sondern die Moralität der Person, d.h. das Einhalten der christlichen Gebote. Gleichzeitig wurden Gerüche ebenfalls nach dem moralischen Bewertungsschema in Gut und Böse eingeteilt, so dass als logische Konsequenz Duft zum Symbol für Gottesnähe wurde und Gestank zum Erkennungszeichen für Sünde und moralischen Verfall. So galten Priester und Heilige als besonders wohlriechend, aber auch Könige, denn sie hatten durch das Gottesgnadentum ebenfalls eine besondere Nähe zum Sakralen. (Vgl. ebd.:52-54). Damit ging die Assoziation der Sphäre der Herrschaft mit angenehmen Gerüchen einher, d.h. dass auch im Mittelalter Gerüche nicht nur moralische, sondern auch hierarchische Kategorien markierten. Schlechte Gerüche dagegen dienten nicht nur der Überführung von Sündern, sondern auch der Stigmatisierung gesellschaftlicher Außenseiter wie Juden, Prostituierte und Hexen (Vgl. Jütte 2000:108).

Im 16. und 17. Jahrhundert spielten die Pestepidemien eine wichtige Rolle bei der olfaktorischen Etikettierung sozialer Gruppen und ihrer gesellschaftlichen Ausgrenzung, besonders in den Städten. Grund dafür war der Glaube, dass sich Krankheiten durch schlechte Luft übertrugen, die deswegen bekämpft werden musste. Dies hatte jedoch nicht nur hygienische Maßnahmen wie die Beseitigung von Abfällen zur Folge, sondern auch die Abdrängung oder gar Vertreibung von als übelriechend geltenden Bevölkerungsgruppen. Im 16. Jahrhundert trafen diese Maßnahmen vor allem Leprakranke, Juden, Dirnen und Handwerker, die mit übelriechenden Materialien arbeiteten. Im 17. Jahrhundert weitete sich diese Ausgrenzung auf alle sozial niederen Schichten aus, die nun ganz offen für die Pest verantwortlich gemacht wurden (Vgl. Le Guérer 1992:158f.).
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