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Zusammenfassung
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Neue wissenschaftliche
Erkenntnisse führen ab Mitte des 18. Jh. zu einer intensiven Auseinandersetzung
mit Gerüchen jeglicher Art.
Dem Geruchssinn kommt die wichtige Rolle des Erkennens und Analysierens
möglicher (riechbarer) Risiken für die Gesundheit des Menschen zu.
Auch die Mittel zur Bannung der Gefahren sind flüchtiger Natur: sie
stammen ebenfalls aus dem Reich des Riechbaren.
Die Angst vor Krankheiten schürt die Angst vor den mit ihnen verbundenen
Gerüchen. In den wachsenden europäischen Städten wird der Gestank
durch Exkremente, Unrat und Industrie schier unerträglich. Die Situation
verlangt nach einer Lösung in Form von verstärkten Reinigungsmaßnahmen
und einer neuen Einstellung zur Körperhygiene. Die menschliche Umgebung
soll - soweit möglich - von ihren Gerüchen befreit werden.
Bald steht auch der Mensch selbst im Zentrum dieses Unterfangens:
die Aufmerksamkeit gegenüber sozialen Gerüchen - insbesondere denen
der Armen - wächst. Die höheren gesellschaftlichen Schichten möchten
sich abheben vom stinkenden Arbeitervolk; neue Parfümmoden kommen
auf.
Die Verbesserung der Lebensumstände des einfachen Volkes und das Sinken
der Preise für Parfüms (aufgrund industrieller Herstellung) führt
allmählich zu einer Verringerung der riechbaren Unterschiede zwischen
Arm und Reich.
Ende des 19. Jh. entdeckt man, daß Keime - und nicht Gerüche - Überträger
von Krankheiten sind. Diese Erkenntnis verdammt den Geruchssinn erneut
zu relativer Bedeutungslosigkeit.
Der Umgang mit Geruch in der heutigen Zeit ist das Ergebnis einer
Jahrtausende währenden Geschichte des Riechens, in der das 18. und
19. Jh. wichtige Etappen darstellen. Im Zuge der Individualisierung
der Gesellschaft bildeten sich bestimmte Ansprüche und Forderungen
heraus, die auch in der Intoleranz gegenüber fremden Gerüchen begründet
liegen, jedoch schon lange nicht mehr mit ihnen in Verbindung gebracht
werden. So wäre es heutzutage allein schon aufgrund des Rechts auf
Privatsphäre undenkbar, sich mit mehreren Personen ein Krankenhausbett
zu teilen.
Als deutlichstes Erbe aus den Tagen der Geruchsrevolution können die
Empfindlichkeit gegenüber schlechten Gerüchen - wobei übler Körpergeruch
das größte Tabu darstellt - und die bis zum Exzeß betriebene Beduftung
der eigenen Person und Räumlichkeiten angesehen werden. |
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