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Gewürze und Aromen der Antike und des Mittelalters-
Handel mit Duftstoffen und Gewürzen

Der Handel mit den verschiedensten Gütern, darunter auch Duftstoffe und Gewürze, besteht schon seit mehreren tausend Jahren. So exportieren das heutige Süd- und Nordjemen ebenso wie das Sultanat Oman -das sogenannte Weihrauchland- seit etwa 4000 Jahren Räucherwerk und Aromata gen Norden. Der Handel ergibt sich aus der Notwendigkeit oder dem Wunsch, Dinge, die die eigene Umgebung nicht hervorbringt, zu besitzen und nutzen zu können.

Schon in der Antike floriert der Handel zwischen den Ländern, aus denen sich unsere abendländische Kultur entwickelt hat: Ägypten, die Ostküste des Mittelmeeres, Palästina, Syrien, dem Golf von Alexandrette und Mesopotamien. Dabei hat der mittlerer Teil stets die Vermittlerrolle inne.

Zu Beginn der Antike, unter dem Herrscher Nebukadnezar (+ 562 v.Chr.), ist die mesopotamische Stadt Babylon das bedeutendste Handelszentrum für Duftstoffe und Knotenpunkt zahlreicher Handelswege. Doch nach dem Tod Nebukadnezars hält der Erfolg nicht lange an. Die Vormachtstellung der Griechen wird immer deutlicher, und vor allem von Alexander dem Großen (356-323 v.Chr.) in seinen zahlreichen Feldzügen ausgebaut. 334 v.Chr. beginnt er mit seinem Feldzug gegen Persien, erobert dann 333 ganz Kleinasien, unterwirft 332/31 Syrien, Palästina und Ägypten, bringt 331 Babylon und Teile Persiens in seine Hand und zieht schließlich 327 gegen Nord-West Indien (siehe auch Karte 2, Anhang).

Nun liegen die Handelszentren nicht mehr an der phönizischen Küste, sondern in Ionien, Cilicien, Lydien und der griechischen Haupt- und Hafenstadt Ägyptens, Alexandria, als Mittelpunkt der Parfumindustrie. Von dort aus werden Duftprodukte von phönizischen Händlern in den gesamten Mittelmeerraum exportiert, vor allem jedoch nach Griechenland und Rom, die eine ausgeprägt Duft- und Luxuskultur besitzen, die sie voller Bewunderung zu Ägypten und Persien pflegen. So werden die ursprünglich minoisch-mykenisch tradierten Riechstoffe der Hellenen durch die Expansion Alexanders nach Persien und Indien vervollständigt. Auch das Ziel der Schaffung neuer Märkte ist erreicht, da den Griechen nun die fernöstlichen Handelswege offenstehen -sogar drei Gewürzstraßen erst durch die dem Heer folgenden Händler und den Städtegründungen Alexanders entstanden sind - und sie somit Rohstoffe preiswert aus Afrika, Zypern und Asien beziehen können, um sie teuer zu verkaufen.

Im Laufe der Zeit kommt es zu einer erneuten Machtverschiebung von Griechenland nach Rom. So spricht man nach den makedonischen Kriegen Philipp V. und Hannibals gegen die Römer und der Einverleibung der Provinz Macedonia in das Römische Reich 148 v.Chr. von der "römischen Zeit" der griechischen Geschichte. Als Kaiser Augustus (27 v.Chr.-14 n.Chr.) befiehlt, das römische Imperium auf Arabien auszuweiten zieht Aelius Gallus, Präfekt Ägyptens, im Jahre 24 v. Chr. von Suez gegen Nordjemen. Dabei verliert er zwar den Feldzug, macht aber den direkten Weg vom Mittelmeer zum Golf von Aden ausfindig, der ein erstes Teilstück des späteren Seehandelsweges für Gewürze ist. Darüber hinaus erfährt das Heer von Eingeborenen, wie der Monsun zur Schiffahrt von Sokotra in Südarabien nach Indien genutzt werden kann, ohne dass man über den Persischen Golf und Mesopotamien reisen muß. So kann die Karawanenstrasse verkürzt und Wegegeld gespart werden. Das Ausmaß und die Bedeutung dieses Tauschhandels lässt sich vor allem daran ermessen, dass die arabischen Königreiche hellenisiert werden und ihren Reichtum im 1.Jh.n.Chr. stark vermehren können, weiterhin das Christentum sehr früh an beiden Küsten des Roten Meeres Fuß fasst und der durch den Feldzug entstandene Handelsweg von Myoshormos (Port Safaga) nach Indien 25 Jahre später schon von 120 Handelsschiffen im Jahr befahren wird, was bis in die Renaissance bestehen bleibt und sowohl den wirtschaftlichen als auch den kulturellen Austausch zwischen Orient und Okzident fördert.

Auch im Mittelalter bleibt der Einfluß des Orients bis in das 7. und 8. Jh. spürbar. Syrische Händler machen Geschäfte in Städten wie Paris, Bordeaux, Lyon und Orléans und nicht mehr nur den Häfen der Mittelmeerküste. Der Eroberungsfeldzug der Araber im 7.Jh. führt dazu, dass die Welt von der Atlantikküste des Maghreb bis zum Persischen Golf nicht mehr wie bisher durch das Mittelmeer geeint, sondern vielmehr getrennt wird; Rom und Byzanz werden zu Rivalen.

Der Handel zwischen den nördlichen Teilen Europas und Arabien wickelt sich über Rußland ab, doch sonst bleibt Nordeuropa durch die Alpen vom Geschehen südlich dieser isoliert, wodurch ein starker Zusammenhalt im Zentrum Europas entsteht.

Ebenfalls von Bedeutung für den Handel im Europa des Mittelalters ist der wachsende Wohlstand durch das Leben am Hof und das aufstrebende Bürgertum der Städte. Es entsteht ein Bedürfnis nach Zurschaustellung seiner gehobenen Stellung, man leistet sich Elfenbein, Seide und Gewürze, besonders seit dem 11. Jh. Auch die aufkommenden Pilgerreisen und Kreuzzüge unterstützen den "Exotismus" der Reichen und Mächtigen, wodurch der Handel auf dem Mittelmeer und auch Italien einen erneuten Aufschwung erleben. Im Mittelalter ist Mekka das Zentrum für den Duftstoffhandel, und über das Schwarze Meer segeln die Italiener nach Antiochia und Alexandria in Ägypten, um die Gewürze der Karawanen aus dem Orient, zum Beispiel Indien, oder die Seide der Karawanen aus China entgegenzunehmen. So werden See- und Landweg ab dem 11. und 12. Jh. sinnvoll miteinander verbunden, um Handel in größerem Ausmaße auf festen Routen zu betreiben und nicht nur Waren für den Eigenbedarf, sondern auch zum Weiterverkauf heranzuschaffen.

Ein großes Problem ist das hohe Wegegeld, das im 15. Jh. etwa 60 Prozent der Transportkosten beträgt und den Handel verlangsamt. So ist das wirtschaftliche Zusammenspiel außerhalb des Fluß- und Straßennetzes unzureichend organisiert. Wichtig ist deshalb, das die Handelsrouten in beide Richtungen genutzt werden, die Länder sich austauschen. Ein Beispiel für profitablen Warentausch zwischen Orient und Okzident nennt Jean Favier: "[...] ein Produkt wie der Alaun aus Kleinasien ist ein billiges Massengut. Der Transport ist daher teuer: etwa 16 Prozent vom Einkaufspreis des Minerals. Das bedeutet, dass das Ungleichgewicht der beiden Handelsströme [...] durch ein finanzielles Mißverhältnis gravierender wird. [...] Man muß daher im Handel mit dem Orient einen hochwertigen Ersatz finden, kein Massengut. Diese Rolle spielen die Gewürze, insbesondere der Pfeffer [...] und vor allem die exotischen Farbstoffe, alles hochwertige Produkte, die nur wenig Platz in Anspruch nehmen.[...] Das Gleichgewicht der genuesischen Handelsschiffahrt kommt dadurch zustande, dass in den Orient hochwertige Massengüter und nach Genua ein preiswertes Massengut und wenig wiegende teure Zusatzprodukte verschifft werden."

Als folge des regen Handels zwischen den Menschen, Völkern, Ländern und Kontinenten erscheint "[...] die fremde Welt, die Welt der wandernden Händler, die von außerhalb kommen, [...] nicht länger als ein negatives Anderes [...]".

Betrachtet man auf diesen historischen Entwicklungen die einzelnen Handelsstraßen, so stellt man fest, dass diese sich davon geprägt wandeln.

Besonderes Augenmerk sollte man auf die Länder an der Grenze der bekannten Welt einer Epoche legen, da sie die End- oder auch Anfangspunkte des Handels bilden und die jeweiligen Vermittler zwischen den Ländern und Kontinenten. Die ersten bedeutenden Vermittler sind die phönizischen Händler. Ihre erste Welthandelsstraße führt über das Mittelmeer von Phönizien aus mit der Zeit immer weiter nach Westen über Zypern, Karthago bis Gibraltar und schließlich auch darüber hinaus nach England. Von dieser Hauptstraße zweigen mehrer kleinere Handelswege nach Norden und Süden ab. So vermitteln die Phönizier Zinn aus Britannien, Bernstein von der ostpreußischen Küste, Gewürze aus Indien und Seide aus China. Durch diese weitgespannte Verbindung vom westlichsten Ende Europas bis in den Orient haben die Phönizier -nicht nur einzelne Händler, sondern schließlich auch der Staat- den Welthandel in ihrer Hand, die anderen Länder sind auf ihre Vermittlung angewiesen.

Wie schon erwähnt, lösen die Griechen das phönizische Handelsmonopol ab, indem sie erst in Konkurrenz mit ihm treten und es schließlich zerfällt. Obwohl sie die Mittelmeerstraße der Phönizier nutzen, wollen sie nicht auf diese angewiesen sein und begründen schließlich eine neue Welthandelsstraße, indem sie den Karawanen aus dem Orient über das Schwarze Meer und Ägypten entgegenkommen, wodurch ein direkter Umschlagplatz für die begehrten Waren nutzbar wird. Durch Kolonisationsbestrebungen der Griechen entsteht eine neue Handelstraße von der Mündung des Don in Russland bis zu der des Nils in Ägypten, die die alte Welthandelsstraße der Phönizier kreuzt und an deren Schnittstelle Byzanz liegt. Und auch die Feldzüge Alexander des großen schaffen neue Handelswege und -städte. Nun liegt der Austausch zwischen Orient und Okzident in der Hand der Griechen. Doch die Kolonien sind nicht wie die Phönizischen Händler vereint, sondern konkurrieren miteinander. Die wichtigsten Umschlagplätze sind dabei Alexandria in Ägypten, Athen, Korinth und Syrakus.

Die Römer führen das System der Welthandelstraße hin zu einem Straßennetz, wodurch ein Vermittler zwischen den Handel betreibenden Ländern nicht mehr obligatorisch ist und die römischen und romanisierten Händler gleichberechtigt auf dem Weltmarkt Handel betreiben können.

Im Mittelalter findet man Spuren der Römer durch die Bedeutung Byzanz´ als Grenze zwischen Europa und Asien. Aber die bekannte Welt hat sich erweitert und damit auch die Möglichkeiten des Handels. Der atlantische Ozean, so wie Nord- und Ostsee und dadurch Skandinavien, Deutschland und verstärkt Britannien, bzw. London sind in den Welthandel einbezogen.

Zwischen dieser nordöstlichen Grenze und Süd-Ost-Asien liegt Byzanz im Mittelpunkt des Netzes der Handelsstraßen. So findet der Warentausch seit dem 6. Jh. nicht mehr, wie es das Bestreben der Griechen war, direkt auf den Märkten des Orients statt, sondern in Byzanz als Umschlagplatz. Von dort aus verlaufen hauptsächlich zwei Handelstraßen, von denen eine die alte phönizische Mittelmeerstraße ist, die andere im Anschluß an die Straße der Römer über das Meer nach Italien, Frankreich und Spanien, sowie über das Schwarze Meer und über die Flüsse Russlands nach Skandinavien führt. Von Skandinavien führen Handelswege nach London und von dort über alte römische Handelsstraßen nach Spanien und Frankreich.

So entsteht das für den mittelalterlichen Handel kennzeichnende Viereck zwischen Byzanz, Skandinavien, London und Spanien mit Byzanz als Teff- und Ausgangspunkt zugleich. Das kontinentale Europa, besonders Deutschland, wird jedoch außen vor gelassen. Dadurch entsteht die schon beschriebene Einheit des Kontinentes nördlich der Alpen.

Veränderung bringen schließlich die venezianischen Händler, denen es gelingt, das Handelsmonopol Byzanz´ zu stürzen, indem auch sie direkte Handelsbeziehungen zu den Märkten des Orients knüpfen. Sie machen sich die Kreuzzüge zunutze und bringen zusammen mit ihren Verbündeten die Hafenstädte der syrischen Küste -und somit die alten phönizischen Häfen- unter ihre Kontrolle. Durch die zahlreichen Handelsstationen vom russischen Ufer des Schwarzen Meeres bis nach Ägypten können sie Byzanz ausschließen und den Welthandel über Venedig als Metropole leiten, was ihnen im 14. und 15. Jh. gelingt. Neben Venedig sind Pisa, Genua, Amalfi und auch andere bedeutende Handelsstädte.

Durch diesen neuen Schwerpunkt in Venedig tritt etwa im 13. Jh. eine weitere bedeutende Veränderung der Handelswege ein. Der Handel zwischen Nord- und Südeuropa führt nun nicht mehr in einem Viereck um Deutschland herum, sondern durch es hindurch. Dabei betreibt Norddeutschland über die Nord- und Ostsee mit Nordeuropa, Süddeutschland über die Alpen mit Südeuropa Handel. Der Handel über den Rhein vermittelte zwischen beiden Teilen der nordsüdlichen Welthandelsstraße.

Um den Handel mit Duftstoffen und Gewürzen abschließend zu betrachten, müssen Arabien, der Orient, Indien, aber auch Ägypten als die begehrtesten Exporteure genannt werden. Babylon betreibt im 6.Jh.v.Chr. Gewürzhandel mit Indien , Südarabien hat im 10. Jh.v.Chr. das Duftstoffmonopol für Myrrhe, Weihrauch, Zimt, Narde und noch zahlreiche andere Gewürze und Aromata inne . Die Kreuzritter bringen im Mittelalter aus Persien und Nordwest-Indien Safran , aus Südarabien Balsam nach Europa. Doch auch europäische Städte und Länder exportieren immer wieder die genannte Ware in die Welt. So sind in der Antike beispielsweise die Salben Babylons hochangesehen , aber auch die Öle Kretas, die von den Phöniziern nach Syrien, Zypern und Ägypten exportiert werden. Diese wenigen Beispiele sollen die vorherigen Ausführungen über die Geschichte des Handels und die Entwicklung der Handelsstraßen veranschaulichen (siehe auch Karten 3, 4 und 7, Anhang).

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