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Gewürze und Aromen der
Antike und des Mittelalters-
Die heilende Wirkung der Gerüche
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Gerüche und
Aromen hatten in der Antike eine besondere Stellung in der Prävention,
aber auch der Therapie von Krankheiten. So fand man auf einer babylonischen
Tafel aus dem 6. Jh.v.Chr. eine Auflistung von 66 wildwachsenden Pflanzen
zur Herstellung von Heilmitteln, bei denen fragwürdig bleibt, ob es
sich um Gewürze oder Aromen handelt. Parfum und Medizin, so wie Nahrung
und Medizin wurden nicht in derselben Weise getrennt wie heute.
Eine einfache und häufig angewandte Methode war die der Aromatherapie
mit Riechmitteln, die auf die Antike zurückgeht und deren wichtigster
Vertreter der römische Arzt Caelius Aurelianus im dritten Jahrhundert
war. Dazu wurden Gerüche als Heilmittel inhaliert oder zur Prävention
auf Kopf und Brust eingerieben. Dafür finden sich zahlreiche Beispiele,
von denen hier nur wenige zur Veranschaulichung genannt werden sollen:
gegen die giftige Wirkung von alkoholischen Dämpfen salbte man den
Kopf mit Parfum oder trug Myrrhegirlanden nach dem Alkoholgenuß gegen
die ungeliebten Nachwirkungen. Auf Wunden wurden Parfums direkt aufgetragen.
Gegen Epilepsie etwa verschrieb Caelius eine Mischung aus Essig, Rosenöl
und Bibergeil. Auch Hippokrates weist auf verschiedenen Heilwirkungen
von Pflanzen hin, wie "[...] die menstruationsfördernden Eigenschaften
der tanninhaltigen Pflanzen [und] die Schockwirkung bitterer Kräuter
auf die Drüsen, auf die beruhigenden, magenstärkenden Eigenschaften
der Doldenblütler und ihre Wirkung gegen Blähungen [...]". Als magisches
Kraut galt bei den griechischen Ärzten der Salbei, aus dem man das
Salbeiöl zu Heilzwecken gewinnen konnte. Der Gedanke, der hinter dieser
Behandlung mit Gerüchen stand, war, durch das Bekämpfen des Krankheitsgeruchs
die Krankheit selbst zu bekämpfen, wie es auch im Falle der Pest praktiziert
wurde. Doch auch der Nahrung sprach man heilende Eigenschaften zu,
wie etwa Äpfeln, dass sie Giften entgegenwirken. Und auch Safran wurde
sowohl für Speisen, als auch Getränke und Parfums, aber auch Heilmittel
verwandt. Kreuzritter hatten ihn aus Persien und Nordwest-Indien nach
Europa gebracht. Zur Therapie, aber auch Diagnose wurden nicht nur
in der antiken Medizin alle fünf Sinne miteinbezogen, wie etwa Hippokrates
in seiner Schrift "Die ärztliche Werkstätte" fordert. Seine Vier-Säfte-Lehre
beherrschte die Medizin von der Antike bis in das 18. Jahrhundert.
Und auch der Arzt Galen fand weithin Gehör mit seiner Empfehlung zur
Bestimmung der Eigenschaften von Arzneimitteln alle fünf Sinne einzusetzen.
Eine vorrangige Stellung hatten dabei bis in das 18. Jh. der Geruchssinn
und der Augenschein, indem sie die Messinstrumente der Chemie und
Pharmazeutik ersetzten. Der Verlust oder ein geschwächter Geruchssinn
wurden einem Text des Petrarca aus dem 14. Jahrhundert zufolge als
nicht so gravierend angesehen wie etwa Taub- oder Blindheit, obwohl
dieses Krankheitsbild schon Caelius bekannt war.
Im Mittelalter gewannen arabische Ärzte in der Bestimmung medizinischer
Eigenschaften von Pflanzen an Einfluß. Über sie gelangten die verloren
geglaubten Lehren der Ärzte des Altertums wieder in das Abendland,
da sie diese bewahrt und weiterentwickelt hatten. Diese Verbindung
arabischer und antiker Auffassungen führte dazu, dass die Mediziner
sich die verwesungshemmenden, reinigenden, kräftigenden und belebenden
Eigenschaften der Duftstoffe zunutze machen konnten.
Für besonders wirksam erachtete man im Mittelalter Wohlgerüche zur
Behandlung von sowohl verdorbener Luft, als auch eines kranken Körpers,
da man die "(...) Ursachen organischen Verfalls analog zu denen der
Luftverderbnis (auffasste)". Um sich ein "gesundes Duftumfeld" zu
schaffen gab es verschiedene Methoden: so empfahl etwa das Kollegium
der Fakultät von Paris während der Pest von 1348 "für den Sommer kalte
Aromen wie Rosen, Sandelholz, Seerosen, Essig, Rosenwasser, außerdem
Kampfer-Duftkissen `mit denen das Herz gestärkt wird`, und kalte Äpfel;
für den Winter warme Aromen wie Aloe-Hölzer, Ambra, Muskatnuß und
Ambra-Äpfel" , um Luft und Körper das zu geben, was sie zur Erhaltung
ihres Gleichgewichts benötigen. Auch so wenig Luft wie möglich einzuatmen
und "erfreuliche und aromatische Gerüche um sich zu haben, wie einen
essiggetränkten Schwamm, einen wohlriechenden Strauß oder Apfel" sind
eine weitere Möglichkeit, krankmachende Geruchsherde von sich fernzuhalten.
In Riechäpfeln oder Riechdöschen, Latwergen und Duftkissen wurden
duftende Essenzen aufbewahrt, um die Luft rein zu halten.
Aber auch eine moralische Komponente kommt den Gerüchen im Mittelalter
zu, durch den arabischen Gelehrten Avincenna. Unter Berufung auf den
Ausspruch des muslimischen Propheten Mohammed "drei Dinge aus eurer
Welt sind mir lieb gewesen: der Duft, die Frauen und, was meine Freude
war, das Gebet" , proklamiert er die stärkende Wirkung von Aromen
und deren Einfluß auf die "`guten Sitten` und die Vollkommenheit im
Handeln" . Avincenna interpretiert das Zitat in der Weise, dass starke
Aromen sich positiv, schwache Aromen negativ auf die Gedanken auswirken.
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