Das Vorgehen meiner Untersuchung basiert auf den Theorien der Kognitiven
Anthropologie. Diese hatte ihre Anfänge Mitte der 50er Jahre und
wurde unter anderem von den Wissenschaftlern Ward Goodenough und
Stephen A. Tylor begründet. In jüngerer Zeit gilt vor allem Roy
D'Andrade als Experte und treibende Kraft auf diesem Gebiet.
Die Kognitive Anthropologie versteht sich als: "[...] study
of how peoples of different cultures acquire information about the
world, how they process that information and reach decisions, and
how they act on that information in ways that other members of their
culture consider appropriate" (Bernard 1995: 238).
Das bedeutet für die hier beschriebene Untersuchung, dass der Forschungsgegenstand
die Wahrnehmung - nicht die physiologische - von Gerüchen ist, welche
über die Sprache ausgedrückt werden kann. Folgende Fragen sollen
dabei fokussiert werden: Wie bewerten die Informanten Gerüche aus
ihrer Erinnerung heraus? Welche Emotionen und Erinnerungen assoziieren
sie mit bestimmten Gerüchen? Werden bestimmte Gerüche miteinander
verbunden oder grundsätzlich als gegensätzlich empfunden?
Um mich dieser vermuteten Wahrnehmungsstruktur zu nähern, nutzte
ich die Cultural Domain Analysis, einen Forschungszweig der Kognitiven
Anthropologie. Eine kulturelle Domäne wird von Stephen P. Borgatti
mit folgenden Worten definiert: "[...] a set of Items, all of
which a group of people define as belonging to the same type"
(Borgatti 1999: 116).
Es wird angenommen, dass jede Domäne eine innere Struktur besitzt,
welche die Beziehungen, die zwischen den einzelnen Elementen bestehen,
abbildet. So haben alle kulturellen Domänen gemein, dass sich ihre
inhärenten Items durch Ähnlichkeiten auszeichnen. Oftmals kann auch
festgestellt werden, dass die Informanten die Items nochmals in
Untergruppen (subdomains) zusammenfassen oder Abhängigkeiten oder
Oppositionen zwischen den Items erkennen. Dabei können sich auch
hierarchische Strukturen innerhalb einer Domäne abzeichnen.
Somit stand zu Beginn meiner Untersuchung die Hypothese, dass es
sich auch bei Gerüchen, guten wie schlechten, um kulturelle Domänen
handelt, deren Inhalte und Strukturen durch die erhobenen Daten
ermittelt werden sollten.
Weiterführende Literatur zur Kognitiven Ethnologie:
Autor/Hrsg. |
Titel, Erscheinungsort |
Erscheinungsjahr |
|
|
|
Bernard, H. Russel |
Research Methods in Anthropology. Qualitative
and quantitative approaches. Walnut Creek, London, New Delhi:
Altamira Press. |
1995 |
|
|
|
Borgatti, Stephen P. |
Cultural Domain Analysis. In: Journal of
Quantitative Anthropology 4,4. |
1993 |
|
|
|
Borgatti, Stephen P. |
Elicitation techniques for Cultural Domain
Analysis. In: Ethnographic Toolkit: Enhanced ethnographic methods.
London: Altamira Press. |
1999 |
|
|
|
D'Andrade |
The development of cognitive anthropology.
Cambridge: Cambridge University Press. |
1995 |
|